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NameANOS1-Gen
SynonymeAnosmin 1; Kallmann-Syndrom Intervall Gen 1, X-chromosomaler kongenitaler hypogonadotroper Hypogonadismus mit Anosmie oder Hyposmie (HH1); OMIM: 300836; 308700
GruppeMolekulargenetik
MaterialEDTA-Blut
MethodeDNA-Sequenzierung, MLPA, NGS
Messgenauigkeit Sensitivität zum Nachweis pathogener Variationen >98%
Präanalytik Aufklärung nach Gendiagnostikgesetz
Transport Postversand möglich
Indikation Die isolierte GnRH Defizienz (IGD) wird typischerweise bei Jugendlichen mit fehlender oder teilweiser Pubertät unter Verwendung biochemischer Tests diagnostiziert, die ein niedriges Serumtestosteron oder Östradiol (Hypogonadismus) anzeigen. Bei normaler Hypophysenvorderlappenanatomie und -funktion und in Abwesenheit von sekundären Ursachen von hypogonadotropem Hypogonadismus (HH), kann auf eine komplette oder partielle Abwesenheit der GnRH-vermittelten Freisetzung von LH und FSH geschlossen werden (IGD). Kommt eine Störung des Geruchssinns hinzu, ist die Verdachtsdiagnose Kallmann-Syndrom zu stellen. Pathogene Varianten im ANOS1 Gen können sowohl IGD als auch Kallmann-Syndrom auslösen. Unilaterale Nierenagenesie, bimanuelle Synkinesie und Gaumenfehlbildung sind Begleitsymptome, die auf Mutationen im ANOS1-Gen schließen. Es ist für bis zu 10% der Fälle verantwortlich. Pathogene Varianten in mehr als 25 Genen machen etwa die Hälfte aller IGD aus. Die genetische Ursache für die verbleibenden Fälle von IGD ist unbekannt.
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Beschreibung Funktion: Das ANOS1-Gen (KAL1, OMIM *300836)) befindet sich in der Xp22.31-Region und kodiert das extrazelluläre Glycoprotein A-nosmin 1, ein sezerniertes Glykoprotein, das mit der extrazellulären Matrix assoziiert. Es ist an der embryo-nalen Entwicklung im Gehirn, im Rückenmark und in den Nieren beteiligt. Insbesondere koordiniert es die frühe Migration von GnRH Neuronen, die als Vorläuferzellen aus der Neuralleiste und aus der embryonalen nasalen Placode. Unter Mitwirkung zahlreicher Wachstumsfaktoren und Rezeptoren wandern die Vorläufer-zellen in den Bereich des Gehirns, in dem der Hypothalamus entsteht. Gehirn. Das ANOS1-Protein verstärkt die Wirkung des Wachstumsfaktors FGF1 indem die Bildung eines Komplexes zwischen dem Wachstumsfaktor FGF8 und dem Wachstumsfaktor-Rezeptor FGFR1 unterstützt wird und es hemmt die Wirkungen der morphogenetischen Faktoren BMP (Bone Morphogenic Factor) und WNT (Wingless und int1). Damit werden der Zeitpunkt der Reifung und die Lokalisation der reifen GnRH-Neuronen reguliert. Die gleichen Faktoren sorgen für die Wanderung und Reifung der olfaktorischen Neuronen, deren Wanderung im embryonalen Nasalbereich beginnt und bis in den Riechkolben (Bulbus Olfaktorum) an der vorderen Basis des Gehirns reicht. Das orchestrierte Zusammenwirken dieser und weiterer Faktoren ist Voraussetzung sowohl für die einwandfreie Funktion der GnRH-Neuronen als auch für das normale Riechvermögen. Pathologische genetische Varianten im KAL1 Gen stören die Funktion des ANOS1 und führen dazu, dass die GnRH-Neuronen und die olfaktorischen Neuronen nicht bis zu ihrem Bestimmungsort wandern.
Krankheit: Mehr als 160 Mutationen im ANOS1-Gen wurden bei Menschen mit dem Kallmann-Syndrom identifiziert, einer Krankheit, die durch die Kombination von hypogonadotropem Hypogonadismus (einem Zustand, der die Produktion von Hormonen beeinflusst, der die sexuelle Entwicklung steuert) und einem gestörten Geruchssinn gekennzeichnet ist. Diese X-chromosomal vererbte Form des Kallmannsyndroms betrifft überwiegend Männer. Die Dysfunktion des ANOS1 Proteins kann sich auch auf andere Körpersysteme auswirken, und zu unterschiedlichen Ausprägungen bei verschiedenen betroffenen Personen führen. 80% der betroffenen weisen eine bimanuelle Synkinesie auf. Bei 30% der betroffenen liegt eine unilaterale renale Agenisie vor. Hinzu kommen in vielen Fällen Mißbildungen des Gaumens und Hörverlust.
Mutationen im ANOS1-Gen sind für 5 bis 10 Prozent aller Fälle des Kallmann-Syndroms verantwortlich (10-20% bei Männern). Bei 40% findet man eine Mikrodeletionen oder komplette Deletion des ANOS1-Gens. Hierdurch entsteht ein kompletter Verlust der Aktivität des Proteins. Etwas mehr als die Hälft der Patienten hat eine Punktmutation, die zum Ausstausch einer Aminosäure, einem fehlerhaften Spleißen der mRNA oder zu vorzeitigten Abbruch der Proteinsynthese führt. Die Fehlplatzierung von GnRH-produzierenden Neuronen verhindert die Produktion von Sexualhormonen, da GnRH nicht zur Hypophyse gelangt. Die normale sexuelle Entwicklung ist nicht möglich, die Pubertät verzögert sich oder bleibt ganz aus und eine Fortpflanzung ist ohne Therapie nicht möglich. Die Verbung erfolgt X-chromosomal rezessiv.

Epidemiologie:
Die Prävalenz wird (wahrscheinlich zu niedrig) auf 1/8.000 im männlichen und 1/40.000 im weiblichen Geschlecht geschätzt.

Klinische Beschreibung:
Die meisten Fälle werden in der Pubertät diagnostiziert, wenn das Fehlen der Geschlechtsentwicklung auffällig wird, jedoch kann der Verdacht auf Vorliegen eines KS bereits im Kleinkindalter bei männlichen Patienten mit Kryptorchismus, Mikropenis oder Symptomen außerhalb des Urogenitaltraktes aufkommen. Die wichtigsten klinischen Merkmale sind das Fehlen einer vollständigen spontanen Pubertät und eine teilweise oder vollständige Anosmie bei beiden Geschlechtern. Unbehandelte männliche Erwachsene haben eine verringerte Knochendichte und Muskelmasse, ein verringertes Hodenvolumen (< 4 ml), erektile Dysfunktion und verminderte Libido und sind infertil. Unbehandelte weibliche Erwachsene haben nahezu immer eine primäre Amenorrhoe mit fehlender, geringer oder normaler Brustentwicklung. Seltene Symptome sind: Unilaterale (in einigen Fällen auch bilaterale und dann bei Geburt letale) Nierenagenesie, Hörstörungen, Lippen- oder Gaumenspalte, Zahnagenesie oder bimanuelle Synkinese, die über die Kindheit hinaus andauert.

Ätiologie:
Ursache des KS ist eine Entwicklungsstörung des olfaktorischen Systems und eine unterbrochene embryonale Migration der GnRH-synthetisierenden Neuronen vom Riechepithel in die Hypothalamusregion. Die meisten Fälle sind sporadisch, jedoch wurden auch familiäre Formen beschrieben. Ursächliche Gene sind (i) bei der X-chromosomal-rezessiven Form KAL1 (Xp22.32); (ii) bei der autosomal-dominanten Form FGFR1 (8p12), FGF8 (10q25-q26), CHD7 (8q12.2) und SOX10 (22q13.1) und (iii) bei der autosomal-rezessiven und oligogenen Form PROKR2 (20p12.3) und PROK2 (3p21.1). Ob evtl. weitere Gene (z.B. SEMA3A) an der Genese des KS beteiligt sind, ist noch nicht geklärt.

Diagnostische Verfahren:
Zur Diagnose führen Hormonanalysen (Geschlechtshormone, Gonadenpeptide, Hypophysen-Gonadotropintest) und die Untersuchung des Geruchssinnes (Olfaktometrie). Die morphologische Analyse der Riechkolbens durch MRI kann hilfreich sein, vor allem bei jungen Kindern. Gentests können eine mutationsverursachende Erkrankung identifizieren und sind vor Beginn einer Unfruchtbarkeitsbehandlung obligatorisch.

Das Gen ist Bestandteil der NGS-Panel-Untersuchung Hypogonadotroper Hypogonadismus, Kallmann-Syndrom.
Quellen https://www.orpha.net